Mittwoch, 22. Januar 2014

Gelesen: Schokoladengeister (Roman)

... von Jael McHenry

Ich mag Bücher über Menschen, deren Leben mir fremd ist. So sehr mich Dystopien, Fantasy und Science Fiction locken, muss es doch immer mal ein Buch über Menschen vom anderen Ende der Welt sein, Menschen aus mir ganz fremden Gesellschaftsschichten, Behinderte, Kranke ... Menschen, die ein ganz anderes Leben führen als ich.

"Schokoladengeister" ist das zweite Buch über einen Protagonisten mit Asperger-Syndrom (eine leichte Form des Autismus, falls das jemand noch nicht kennt). Zu dem Thema habe ich bereits das bekanntere "The courious incident with the dog at the night-time" (dt. "Supergute Tage oder die sonderbare Welt des Christopher Boone") von Mark Haddon gelesen und nehme schonmal vorweg: Dieses Buch hat mir besser gefallen.

Worum es geht:
Ginny hat ihr bisheriges 26jähriges Leben behütet bei ihren Eltern gelebt. Wie viele Menschen mit Asperger hat sie Schwierigkeiten mit Menschen; zur Beruhigung stellt sie sich bildlich Kochvorgänge vor und eine Stunde am Tag erlaubt die Mutter ihr, sich in den dunklen Garderobenschrank zu setzen, um "die Batterien aufzuladen".
Dann verunglücken die Eltern tödlich. Ginny und ihre Schwester Amanda - die schon ausgezogen ist - sind im Ausnahmezustand. Amanda flüchtet sich in Aktionismus, Ginny tröstet sich mit Kochen. Dabei entdeckt sie, dass sie mit dem Nachkochen handgeschriebener Rezepte die Geister der Toten heraufbeschwören kann.

Worum es wirklich geht:
Um Trauer und den Umgang mit dem Tod, Ängste und darum, ob man sein Leben ändern kann. Und nicht zuletzt: Darum, was normal ist.

Und das Fazit?
Nachdem ich zuletzt einige Jugenddystopien mit tollen Ideen, aber mäßiger Erzählweise gelesen habe, ist mir bei diesem Buch als erstes aufgefallen: Es ist gut geschrieben. Das Buch hat mich gepackt, ich konnte es kaum beiseite legen.
So unvollkommen, schwierig, neurotisch Ginny ist, man muss sie gern haben. Die Protagonistin besitzt ein "Normalbuch", mit dem sie sich Bestätigung verschafft, dass "normal" ein weites Feld ist. Auf die Frage "Was haben Sie? Eine Krankheit, eine Phobie, ein Syndrom?" antwortet sie "Eine Persönlichkeit".
Und so hinterlässt das Buch den Leser: Mit dem guten Gefühl, dass es normal ist, nicht normal zu sein.
Von mir gibts eine dicke Empfehlung!

Eine schöne Zeit wünscht
Hana

2 Kommentare:

  1. Danke für die Empfehlung!
    "The courious incident with the dog at the night-time" habe ich auch schon gelesen, und fand es in schon ziemlich gut, weil es aus der Perspektive des Autisten geschrieben ist und man sich einfühlen kann. Wenn das andere noch besser sein soll, muss ich das wohl auch mal lesen :-) Ich habe nämlich einmal pro Woche zwei Aspergerkinder, Geschwister, zu Besuch, weil die alleinerziehende Mutter mal etwas Ruhe braucht . Von daher kenne ich mich ziemlich gut damit aus... Und vielleicht ist es ja auch etwas für sie, also das Buch...?

    Viele Grüße
    Katha

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    1. Ich fände es auf jeden Fall spannend, ob ein Asperger-Mensch dieses Buch auch mag oder als unpassend empfindet!
      Interessant fand ich, dass man bei den beiden Büchern schon merkt, dass die Protagonisten vom gleichen "Krankheitsbild" (in Ermangelung eines besseren Wortes) betroffen sind, sich das aber recht unterschiedlich äußert. Ich hatte den Eindruck, Ginnys Asperger ist etwas schwächer (aber sie ist auch eine erwachsene junge Frau, während der Protagonist vom Courious Incident with the dog noch ein Teenager ist)

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